Bernhard Nathan

Wer war Bernhard Nathan , was hatte er mit den Schützen in Elten zu tun?

Warum berichten wir darüber?

Wenn Sie das Nachfolgende lesen, werden Sie feststellen, das es in Elten wieder einmal anders lief, als im übrigen Deutschland. Die Herrschaft der NSDAP konnte zwar nicht verhindert werden, aber man fand manchen „Kniff" und „Dreh", es den „Parteibonzen" so schwer wie möglich zu machen.

Wie in der Einleitung unserer Website unter:

„Gründung des Bürgerschützenvereins und damit verbundene Geschehnisse."

erwähnt, wurde Bernhard Nathan 1928 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Eltener Bürgerschützenvereins gewählt.

In dem Buch „Elten die letzten 100 Jahre" von Axmacher / Köster, steht etwas Wissenswertes geschrieben. Daraus mit Erlaubnis der Verfasser, einige Auszüge.
Das Schicksal der Familie Bernhard Nathan.
Schon vor 1840 lebten Juden in Elten, denn der Metzgermeister David Salomon Nathan wurde im März 1840 in Elten geboren. Er betrieb eine Metzgerei in Elten am Marktplatz. (Die jetzige Metzgerei Bröder) Sein Sohn Bernhard, der das gleiche Handwerk gelernt hatte, übernahm die Metzgerei seines Vaters.
Wie gut er in die Gesellschaft Eltens eingeführt war, zeigt die Wahl Nathans als geachteter und anerkannter Bürger in den ersten Vorstand als stellvertretender Vorsitzender des 1928 gegründeten Bürger - Schützenverein Elten / Grondstein.

Nach allem, was wir wissen, und was das Vorstandsamt im Schützenverein bezeugt, lebten diese Eltener mit jüdischer Religionszugehörigkeit in einem guten Verhältnis mit den anderen Bürgern Eltens.

Aus der Chronik des Schützenvereins geht hervor, das „die politischen Veränderungen im Jahre 1933 auch verschiedene Änderungen in den Satzungen erforderlich machten. Der 2. Vorsitzende Bernhard Nathan bat, von seiner Wiederwahl abzusehen. Sein Nachfolger wurde 1934 Gefreiter Gerhard Holtkamp". Eine äußerst knappe Darstellung von internen Vorgängen des Schützenvereins, die wir nicht weiter kennen und auch nicht untersuchen wollen.

Im Januar 1935 hatte wahrscheinlich Bernhard Nathan gehofft, dass sich alles zum Guten wenden könnte. Denn er schloss einen Lehrvertrag mit Theodor Jansen über eine 3 ½- jährige Lehrzeit ab. (Theodor Jansen war auch König unserer Bruderschaft.)

Die NSDAP - Ortspartei musste es bei einigen Bürgern in Elten schwer gehabt haben, gewachsene menschliche Bindungen in der Gesellschaft zu unterlaufen und ihre Ziele durchzusetzen.

Davon zeugt auch ein Artikel in der Partei - Zeitschrift „Stürmer" unter der Schlagzeile:
„Was das Volk nicht verstehen kann!": Der Ortsgruppenleiter der NSDAP - Ortsgruppe Elten bittet am 10.9.1939, folgenden Artikel in die Zeitschrift aufzunehmen: „Die Molkereiproduktenhändlerin, Frau Wtw. Theissen, Elten, Ndrh., Streuffstraße 9, gewährt Jüdinnen freien Eintritt und Aufenthalt in ihrem Haus und beliefert diese mit den für das Deutsche Volk lebenswichtigen Milcherzeugnissen, Butter und Käse."

Gleiches wird deutlich aus dem Artikel der National Zeitung vom 13.8.1935 der im direkten Bezug mit Bernhard Nathan steht.


N a t i o n a l - Z e i t u n g
Alleiniges amtliches Kreisblatt für den Kreis Rees
Dienstag, den 13. August 1935

D i e J u d e n m a c h e n s i c h b r e i t
Elten. Wenn nun schon einmal aus allen Gegenden Deutschlands Berichte über ein erneutes Sichbreitmachen und über das provozierende Hervortreten von Juden vorliegen, warum sollte man da in Elten zurückstehen, so dachte folgerichtig der Eltener Jude Nathan, ein besonders würdiger Vertreter seiner Rasse.

Gedacht, getan. Er legte ein festtägliches Gewand an, um den Königsbal des Bürgerschützenvereins mit seiner Anwesenheit zu beehren.

Und nun kommt das Beschämende an der ganzen Sache, dass, nachdem seit mehr als zweieinhalb Jahren in Deutschland der Nationalsozialismus an der Macht ist, in Elten die Erkenntnis immer noch nicht durchgedrungen zu sein scheint, dass ein Jude im Kreise deutscher Volksgenossen in keinem Falle geduldet werden kann.

Vielmehr empfand "man" die Anwesenheit des Juden auf dem Schützenfest kaum als zum mindesten ungehörig, und erst auf dringende Vorstellungen einiger später auf dem Fest erschienen Parteigenossen, konnte man sich dazu verstehen, den Juden zum Verlassen des Festes aufzufordern, was dieser sich im übrigen in seiner typisch dickfelligen Art erst mehrere Male glaubte mitteilen lassen zu müssen, ehe er der Aufforderung Folge leistete.

Wir können uns beschränken mitzuteilen, dass geeignete Maßnahmen getroffen sind, um derartige Vorkommnisse für die Zukunft unmöglich machen.

Es wird dann noch von einem anderen Zwischenfall um den Juden Nathan berichtet. Da ist es dann aber wohl schnell gelungen, den Juden Nathan zu „überzeugen".

„Dieses Mal genügte allerdings eine „kleine" Aufforderung, den Juden schleunigst zum Verlassen des Lokals zu veranlassen."

Das einzig Bedauerliche an der ganzen Geschichte ist nur, dass der Geist, der aus diesem Vorgehen gegen Juden spricht in Elten; leider noch nicht Allgemeingut geworden ist!

Hier nun eine Kopie des Zeitungsberichtes:

nathan

Noch vieles mehr wird von den "Volksgenossen" unternommen worden sein. Denn 1937 musste der Metzgermeister Bernhard Nathan sein Geschäft aufgeben und der Lehrling Theodor Jansen seinen Ausbildungsbetrieb wechseln.

Im Jahre 1939 wurde Bernhard Nathan in das Konzentrationslager Theresienstadt gebracht und von dort am 28.1o.1944 mit dem allerletzten Transport nach Auschwitz „überführt". Seitdem ist er verschollen.

Seine Schwestern Sabina, Johanna, Juli sowie Rosalie mit Mann und die beiden jüdischen Töchtern kamen in den verschiedenen Vernichtungslagern ums Leben. Auch seine Nichte Sophie hat die NS-Herrschaft nicht überlebt.
Soweit die Geschichte eines Eltener Bürgers, beispielhaft für viele, die unter der Nazi-Diktatur ihr Leben verloren.

Im Juni 2005
Heinz van den Broek


 

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